Und ich dachte, ich hätte kein Jetlag. Jetzt sitze ich um Mitternacht im Bett und fange an, einen Reiseblog zu schreiben. So sei es.
Wir leben also jetzt in Kobe. Erster Eindruck: heiß. Ernsthaft, täglich 31°C bei hoher Luftfeuchtigkeit ist kein Bemmerl. Die Folge daraus: überall Klimaanlagen. Die Folge daraus: Man weiß nicht, ob man sich warm oder kalt anziehen soll. Noch eine Folge: Die atmosphärische Atemnot hat einen Kipppunkt getriggert, dass das anscheinend noch im Juni übliche, flächendeckende, generelle, auf gegenseitigem Respekt begründete Maskentragen nun plötzlich aufgehört hat.
So erklärt das mein künftiger Chef, den ich heute treffen durfte. Neisser Typ, also gute Aussichten für die Arbeit ab August.
Apropos Aussichten: Auch eine erste Wohnung besichtigten wir heute, im etwas abseits gelegenen Okamoto. Ein geräumiges, etwas in die Jahre gekommenes Haus mit zwei Etagen, gerade richtig vielen Zimmern und einer großen Terrasse mit herrlichem Panorama- und Meerblick. Eine angesehene Volksschule in weniger als 10 Gehminuten Entfernung, viel Grün, Ruhe und – ganz wichtig für eine bestimmte Klientel – ein Bahnübergang mit Schranken. Eigentlich steht einer Miete nur noch im Weg, dass wir halt noch keine anderen Wohnungen gesehen haben.
Außerdem noch am ersten Tag: Eine japanische SIM-Karte (aber ein doch noch SIM-gesperrtes österreichisches Telefon…), eine gemütliche Hafenpromenade mit vielen tutenden Booten, einem Riesenrad, einem glücklicherweise-weil-es-mich-nervte-dass-absolut-jedes-Bild-der-Stadt-in-der-Bildersuche-immer-nur-dies-zeigte-und-ich-es-nicht-wahrhaben-wollte-dass-die-Stadt-nichts-anderes-zu-bieten-hat-was-ja-auch-tatsächlich-so-ist eingerüsteten Wahrzeichen-Turm und einem Museum das sowohl das Haus des Meeres (blubb) als auch die Geschichte der Firma Kawasaki (brumm) beherbergt, sowie der Besuch im angeblich ältesten (first-and-finest) Kaffeehaus Japans, gelegen in einer typischen überdachten Fußgängerzone, voller lieber Geschäfte wo wir bitte unbedingt wieder hinkommen müssen um Geschirr, Kleider und Kuscheltiere zu kaufen.
Ach so, und der Wahlspruch der Stadt ist anscheinend “Be Kobe”. Zumindest sagt das eine riesige Steinskulptur aus diesen Buchstaben am Hafen. Interessant, weil keine Ich- sondern eine Du-Botschaft. Wirkt. Und so bildet sich vor der Skulptur eine Schlange aus Leuten, die sich mit dem Schriftzug abbilden lassen wollen – was noch nicht heißt, dass die das alle toll finden; denn ich vermute, die Leute stehen einfach darauf, auf übergroßen Schriftzügen mit dem Stadtnamen zu stehen, und man könnte in Wahrheit alles Mögliche da hinschreiben und die Leute würden sich trotzdem damit fotografieren. Bitte um Vorschläge in den Kommentaren.
Und gestern fuhren wir mit einem Flughafenbus quer durch das die gesamte Bucht säumende Hafengebiet und was sahen meine müden Augen inmitten hundert Wasser in der Abendsonne glänzen? Eine Klärschlammanlage!
Aussicht auf morgen: Umzug in unser 3-Wochen-Apartment (ach so, ja: Bei Ankunft Nachricht vom Vermieter: kein Warmwasser, aber er stellt uns bis die Reparatur erfolgt ist ein Hotelzimmer im Stadtzentrum zur Verfügung. Japanisches Kundenservice. Passt uns gut, da wir uns somit nicht gleich nach der Ankunft um essentielle Pflegeprodukte kümmern müssen.) und dann Meldung im Bezirksamt.