Nichts ist gut

Eigentlich gibt es nicht wirklich Neues zu erzählen.

Aber das ist ja schon wieder erzählenswert. Denn in dieser vergangenen Woche hat sich wohl der Alltag einzustellen begonnen.

Schule wissen wir ja schon, Juli geht nun ganz selbstständig zur Schule und verbringt dort den Vormittag. Das erleichtert vor allem Ikumi den Tag schon sehr.

Mein Chef war die vergangene Woche auf Auslandsreise. Und wenn die Katze außer Haus ist… Es ist nämlich so, dass ich fast jeden Tag mit meinem Chef mittagessen gehe. Weil er ein neisser Typ ist und weil zwei Ausländer es genießen, in den Mittagspausen entspannt auf ausländisch miteinander zu sprechen. Jetzt ist er aber nicht da und so haben sich zwei meiner japanischen Kolleginnen mit mir zusammengefunden um gemeinsam zu speisen. Und es macht Spaß.

Das ist insofern neu für mich, weil ich damals in Sapporo in meinem kleinen Schneckenhäuschen lebte. Mit den netten Kolleg:innen dort ging ich fast nie essen, privat machten wir auch nie etwas zusammen. Das störte mich nicht, bin gern allein, und außerdem hatte ich dort ja auch ausländische Freund:innen mit denen ich öfters etwas unternahm, auch wenn es nur eine Mittagspause war. So erwartete ich selbiges auch hier wieder, und so sah es ja wie gesagt auch hier bisher wieder aus.

Jetzt ist also mein Chef außer Haus und anstatt eine ruhige Woche zu haben, sind meine netten Kolleg:innen ein bisschen zu so etwas wie Freund:innen geworden. Ja, wir haben sogar für morgen (Sonntag) ein Kinder-Spieldate vereinbart.

Und das bringt auch im Arbeitsleben eine Veränderung. Der Umgang beginnt, so habe ich den Eindruck, weniger formell zu werden, Absprachen einfacher. Und das nach nur einer Woche.

Und wenn jetzt jemand sagt, das sei eh alles ganz normal: Einerseits nein, für mich nicht. Ich brauche immer etwas länger um diese ganz normalen sozialen Mechanismen zu erleben. Ich beobachte sie natürlich früher, aber als etwas Externes. Wie man dorthin kommt ist mir unklar. Und irgendwann, ausgelöst durch irgendwas, rutsche ich dann auch mal hinein.

Andererseits: Ja, und das ist genau der Punkt. Der Alltag ist vielleicht ein Stück angekommen, und es ist ein guter Alltag.

Verbindung hergestellt

Das erste, das wir bestellten, als wir von unserer Wohnung erfuhren, war ja das Internet, wie es sich gehört. Und wie es sich gehört, wenn man bei der halbstaatlichen Firma bestellt, ist es auch das letzte, das geliefert wird. Aber das auch nur, weil wir den Vertrag bei ebenjener Firma aufkündigten und uns an Papa wandten. Dort … naja, so will ich diese Geschichte nicht erzählen.

Es ist nämlich so, dass die bei SoftBank auch begannen, Probleme zu machen. Weil nämlich hier dieses und da jenes Dokument fehlte, um unsere Identität wirklich zweifelsfrei und lückenlos festzustellen. Es war nämlich nirgends ein technisches oder auch ein finanzielles Problem, es ging immer nur darum, dass man nicht sicher sein konnte, dass wir auch wirklich wir sind. Wir bewegen uns hier auf dem Level wo der Reisepass nicht akzeptiert wird, weil die Adresse nicht drin steht. Und ein separates Dokument mit Name und Adresse nicht, weil dort ja wieder der Name nicht in römischen Schriftzeichen steht. Und so weiter völlig plemplem.

„Vögel sind hier.“ Verdammte Vögel.

Der wahre Grund warum wir jetzt bei SoftBank sind ist, dass wir zufällig bei einem Geschäft vorbeigingen um etwas nachzufragen, und darin sich eine Frau befand, die meinte das sei doch alles völlig plemplem, wo wir ihr zustimmen mussten. Und sie stimmte uns zu, dass wir wir seien und so zeigte sich, dass es auch hier immer darauf ankommt, mit welchen Menschen man zusammenkommt. Das ist grundsätzlich erstmal deshalb überraschend, weil es im Land, wo es für alles ein System gibt, eigentlich nicht darauf ankommen sollte.

Jetzt fällt uns das aber nach einem Monat in Kobe viel stärker auf als nach 60 Monaten in Sapporo. Ob das eben solche Lächerlichkeiten sind wie oben, oder dass man Urlaubstage für Krankheiten verwendet (niemals in Sapporo!), oder dass man irgendwie ständig den Eindruck hat, dass die Leute keinen Platz für andere haben: Man verhakt sich, man steht einander im Weg. Kurzum, als Wiener habe ich den entscheidenden Vorteil, dass mir das anderen-am-Nerv-Gehen auch noch innere Freude bereitet.

Und so stehe ich vor dem Conundrum, wie man mit störrischen Leuten in einem Geschäft umzugehen hat. Denn ja klar, einerseits können diese Leute auch nicht wirklich was für das depperte System und wenn man ihnen seine Verärgerung jetzt auch deutlich zeigt, dann macht es das auch nicht besser – noch nicht einmal für einen selbst, man fühlt sich nachher nur schmutzig. Aber andererseits auch nein, wie man gesehen hat können die Angestellten einer Firma oft sehr wohl etwas dafür, wenn es “leider nicht” geht. Und da fällt es dann echt schwer, selige Ruhe zu üben. Aber was hilft schon? Wie geht ihr mit störrischem Personal um? Bitte um Anekdoten und Ideen!

Am Dienstag war Julis erster Schultag und sie scheint halbwegs glücklich mit Klasse und Lehrerin zu sein. Sie sitzt neben einem netten Mädchen (sagt sie) und die Lehrerin scheint erfahren und kompetent (sagt Ikumi). Juli wurde auch gleich von unserer Nachbarstochter eingeladen, in der Früh doch einfach gemeinsam mit den anderen Kindern die Straße hinunter zur Schule zu gehen.

Am Wochenende beim am Schulgelände ausgerichteten Bezirkssommerfest hatte ich auch die Gelegenheit, das Gebäudeinnere etwas zu besichtigen. Es ist schon ein altes Haus, aber anscheinend sehen in Japan Volksschulen einfach so aus. Vielleicht lernt man hier, die inneren Werte vor den äußerlichen Glanz zu stellen.

Diese Einladung erhielt sie übrigens bei der nachbarschaftlichen Vorstellungsrunde, die wir dieses Wochenende endlich drehten. Und wie in Japan üblich, überreicht man dabei ein kleines Geschenk. Wir entschieden uns für ein Päckchen Reis aus Hokkaido. #Geschenke-die-für-die-Schenkenden-mehr-Sinn-machen-als-für-die-Beschenkten. Die Leute in der Umgebung scheinen soweit ganz in Ordnung zu sein.

Auf gute Verbindungen!

Protestnote

Ikumi braucht Zeit zu arbeiten, also ging ich am Wochenende mit den Kindern Gassi (was noch nichts mit der Protestnote zu tun hat). Angeblich soll das benachbarte Mikage so eine tolle Gegend sein, also schauten wir uns das an.

Wir erkundeten einen Park nach dem anderen, sie sind aber so wie überall: flach, spärlich bepflanzt, mit minimalen und immer denselben Spielgeräten und im üblichen Abstand zueinander. Parks bauen können sie nicht, die Japaner:innen. Und bevor eine:r jetzt mit “japanischen Gärten” kommt, das ist so wie wenn ich sage, dass die Wiener:innen ein freundliches Volk sind, nur weil die Kellner im Landtmann Manieren haben.

Aber damit sind wir schon beim nächsten Thema: In Mikage gibt es ein “Konditoratelier Secession” (das heißt wirklich so, da haben die Besitzer:innen zu viel nachgedacht, das kann hier aber eh keine:r aussprechen) und die verkaufen Wiener Torten und Kuchen. Da man hier aber nicht essen kann, wird auch ins Café Nishimura gleich nebenan geliefert. Dort gibt’s dann Möbel im nachgemachten Jugendstil und Kammermusik aus der Dose, man bemüht sich also. Kuchen und Tee sind aber tatsächlich gut. Wer uns besuchen kommt aber die einheimische Küche (die mit Schnitzel meine ich) vermisst, muss daher nicht jeden Tag zum Mäcci.

Schwarzwälder Kirsch, Nussplunder und Gugelhupf. Die Karte bietet auch Kardinalschnitte, Opera, Apfel- und Topfenstrudel und keine Sachertorte.

Aber es ist halt doch Disneyworld. Egal wie authentisch man versucht etwas zu gestalten, es wird dadurch immer misslingen, dass man versucht, etwas anderes darzustellen. Das gilt in jede Richtung: ein “echtes japanisches Restaurant” in Wien kann nie “echt” sein, egal wie viele Elemente von in Japan typischen Dingen man dort einbaut. Es wird erst dann authentisch, wenn die Betreiber:innen ihren eigenen Ideen Ausdruck verleihen und etwas schaffen, dass nur sie hätten schaffen können. Deshalb mochte ich das Mochi in der Leopoldstadt so gern. Skandinavische Einrichtung, lateinamerikanische Musik, Kellner:innen von überall her und auf der Karte fand man, wenn man nachdachte, schon von japanischen Gerichten inspirierte Sachen, aber doch einzigartig für hier. Das war ein authentisches, japanisches Restaurant! (Ich schreibe “war”, weil das der Stand von 2012 ist und ich keine Ahnung habe, was oder wie das dort jetzt ist.)

Wie auch immer, Mikage ist zwar voll okay, aber jetzt nicht der Ort, wo man wohnen muss. Überhaupt, was ist eine “tolle Gegend”? Klar, das ist subjektiv. Aber es ist schon konzeptionell schwierig, weil wenn man da Ideen hat (was eine “tolle Gegend” können muss), dann ist man bald an einer Stelle, wo das in der Stadt einfach nicht mehr gibt. Zum Beispiel hier mal meine Ideen: Fußläufig zum Zentrum, zu Geschäften und zur Arbeit (Es kann hier schon aus sein, wenn die Arbeit einfach vier S-Bahnstationen vom Zentrum entfernt ist.); ruhig, idealerweise mit Grünfläche vor dem Fenster, aber auch gut öffentlich angebunden; ein schönes Haus, in das man gerne heimkommt, am besten verwinkelt und komisch; idealerweise mit Wasser in unmittelbarer Nähe. – Das gibt es in Kobe nicht. Gibt es deshalb keine “tolle Gegend”? Das stimmt sicherlich auch nicht. Man muss also schon auch das Charakteristische der Stadt berücksichtigen. In Kobe ist das beispielsweise die Allgegenwärtigkeit von Meer, Hügelkette, Bahnlinien und die damit einhergehende Langgestrecktheit. Letztlich kann man, denke ich, gar nicht sagen, was eine “tolle Gegend” ist, sondern nur: “Diese Gegend gefällt mir, diese nicht.” Und dann kann man vielleicht noch ex post erklären, was es ist, das daran gefällig ist. Das hat aber keine Verallgemeinerungswert. Vielleicht so ein bisschen wie bei Menschen auch. Ich mag Ikumis braune Augen. Das heißt nicht, dass ich sie wegen ihrer braunen Augen mag noch dass ich andere Leute mit braunen Augen deshalb eher mag.

Es gibt ja Leute, die schälen Weintrauben. Finde ich pervers, denn nicht nur ist die Schale Teil des Geschmacks, sondern sobald die Manipulation zu mühselig wird, verliere ich auch den Spaß am Essen. Aber bei diesen Joschis zahlt es sich aus, Mandarinen schäle ich ja auch. Schmeckt trotzdem besser mit, meine ich. Die Weintrauben, meine ich.

Wo waren wir? Ach ja: Es gibt in Mikage angeblich auch noch einen Bio-Supermarkt wo es so tolles Fleisch gibt, dass man nirgends anders mehr Fleisch essen möchte, so die Erzählung. Und einerseits bin ich wahrlich kein Fleischfanatiker, und so lässt mich die Beschreibung der Fleischqualität eher kalt. Aber andererseits ist das schon eine ziemlich steile Ansage, die getestet werden will. Aber nicht an jenem Tag, denn ein Gewitter zog auf, also ab nach Hause.

Und dann wurde ich krank. Am Montag ging ich noch in die Arbeit, am Dienstag und Mittwoch musste ich ruhen. Irgendein Erkältungsvirus, nicht C und auch nicht I. Das weiß ich, weil ich beim Arzt (“Licht Klinik”, also auf Deutsch) war. Und dort verpasste man mir einen Berg an Medizin, ich könnte damit die (jetzt wo ich es schreiben will, fällt’s mir auf: nicht existierenden!) Tauben füttern. Oder halt die Raben. (Nein, das sind beileibe keine Krähen mehr.) Das ist mir jetzt nichts Neues, aber schaut euch das mal an: für ein in zwei Tagen wieder verschwundenes Erkältungsvirus!

Und zuletzt kommt noch die Beschwerde. Ich habe jetzt am Freitag, wo ich wieder in die Arbeit konnte, gelernt, wie man Krankheitstage ins Anwesenheitssystem einträgt, über das man auch seine tägliche Ankunfts- und Heimreisezeit aufzeichnet sowie Urlaub beantragt. Und zwar: als Urlaubstage! Nein, das ist keinesfalls das Gesetz und auch nicht von der Uni so erzwungen. Es gibt natürlich Krankheitstage. Nur, so der Mensch, der mir das erklärte, solle man die besser nicht in Anspruch nehmen, wenn man noch genügend Urlaubstage hat, da sonst eine schlechte Arbeitsbeurteilung drohe mitsamt Herabsetzung des Jahresbonus und einer Verringerung der Chance auf Lohnerhöhung. Und wenn das stimmt, dann ist das zwar oarg, aber für das Land erwartbar. So funktioniert sozialer Druck und ich bin häppi, dass der Mensch ehrlich mit mir ist.

Aber so ist es ja gar nicht! Nachdem der Erklärmensch ging, erzählte mein Sitznachbar – er hatte oben schon seinen Auftritt, und weil er eine schwere und lange Krankheit hinter sich hat, kennt er das System an der Uni in dieser Hinsicht ziemlich detailliert – dass das zwar im Grunde stimme, nur trete der Fall erst ab 40 Krankheitstagen pro Jahr bzw. 30 Tagen im Halbjahr ein. Nur kenne die Regelung niemand so genau (insbesondere auch der Erklärmensch nicht), weshalb sich alle fürchten und deshalb lieber gleich vom ersten Tag an ihren Urlaub wegfiebern. Das erzählte mir der Kollege aber erst nachdem der Erklärmensch und, relevanter, meine beiden Urlaubstage weg waren. Ich will meine Urlaubstage zurück!

Feuerwerk heißt auf Japanisch “Blumenfeuer” und damit sind nicht nur die großen im Himmel gemeint, sondern auch die kleinen, die man ungefährlich in der Hand halten kann (Vorsicht will trotzdem gewahrt sein) und es als Sommerabendbeschäftigung für Kinder auch weit verbreitet tut.

Das Königreich der Tiere und Barad-Duran

Die Gerüchte über den Tod dieses Logbuchs sind übertrieben. Es lebt. Es gibt viel zu erzählen, daher mache ich es diesmal bündig.

Der Taifun war kein Problem. Ob dieser spezielle einfach schwächer war als erwartet oder ob Taifune generell, mit ein bisschen richtigem Verhalten und moderner Architektur, nicht so fürchterlich sind, kann ich jetzt nicht sagen. Das Zweitere stimmt aber jedenfalls. Wirbelstürme sind in erster Linie ein architektonisches Problem (das eine meteorologische Ursache hat): Häuser und Infrastruktur gehen kaputt. Ist das gelöst, ist es nur noch eine Frage des richtigen Verhaltens (nicht bei Sturm am Champs Élysées spazieren gehen und so weiter). So ist das auch bei Pandemien, die ein soziales Problem (mit einer biologisches Ursache) sind: Wir infizieren einander in vorherseh- und ebenso vermeidbaren Umständen. Mit der richtigen sozialen Organisation (Arbeits-, Schul- und Freizeitleben, Etikette und Hygiene usw.) wird es nur noch eine Frage des richtigen Verhaltens.

Man nehme sturmbedingte Ausgangssperre, einige zufällig zuhause herumliegenden große Kartons, sowie zwei lebhafte Kinder. Gut schneiden und verkleben (nicht die Kinder…).

Aber ich schweife ab. Ach je, so wird das nichts. … Weiter!

Besuch im “Animal Kingdom”, einer der vielen hier üblichen privaten Zoos. Eintrittspreise nicht ganz so hoch wie Schönbrunn (aber viel höher als der städtische Zoo hier), dafür viele ungewöhnliche Tiere und Perspektiven. ich war noch nie einem Biber, einem Leoparden, einem Bären… Eichhörnchen, bunten Vögel, oder Nachttieren so nah. Das erkauft man sich mit fragwürdiger Haltung. Die Gehege sind eindeutig zu klein und zubetoniert mit Dekoration eigentlich nur für die menschliche Optik. Klar, das wirft die Frage nach der Artgerechtigkeit von Zoos generell auf, aber wir müssen hier weitermachen.

Am Rückweg noch husch in den Ikea daneben eine Topfpflanze gekauft. Zum Glück kam sie mit Beinen.

Nach einem Tag mit Tieren muss es einen Tag mit Fahrzeugen geben, so will es das Gesetz. Aufbruch zum Myoken-Wald, wo es angeblich einen Drahtseilbahn und einen Sessellift sowie einen Waldspielplatz gibt. Und angeblich macht das wegen zu geringer Besucher:innenzahlen nach dieser Saison zu, also schnell. Zu alledem (und vielleicht als Begründung für Letzteres) kommt noch, dass man um zu alledem zu kommen (von Kobe aus) mit 4 verschiedenen Zügen fahren muss. Was gut ist, wenn man versucht, Fahrzeuge pro Tag zu maximieren. Und dort angekommen fragt man sich, ob alles so trist ist, weil es bald zumacht, oder umgekehrt. Der Spielplatz ist mit einem kleinen Holzgerät auf einem sonst großen, brachen Platz ein sonniger Witz; die Liliput-Bahn und das Restaurant schon abgebaut, die meisten Wanderwege geschlossen. Nur oben am Berg grüßt ein zackiges Glasgebäude wie die Canary Wharf-Version von Barad-dûr. Dorthin führt auch der Sessellift, also: hin. Oben überrascht erst ein “Japanischer Buchenurwald”, dahinter ein die Wolken überblickender Friedhof, und darüber eine anscheinend authentische, uralte Tempelstadt wie aus einem Ghibli-Film. Und über allem thront Barad-Duran. Das Ding hat drinnen (man kann ja gut hineinsehen) einen großen Raum um den sich freischwebende Wendeltreppen nach oben ranken. Auf halber Höhe ein blauer Engel geneigt auf die Untenversammelten lächelt. Und nirgends ein Eingang. Frage an die Vorbeigehende, Antwort: Es ist ein privates Versammlungshaus für die Glaubensgemeinschaft. Schnell wieder runter.

Am Rückweg war es unvermeidbar zum größten Feuerwerk der Region zu gehen, denn es lag bei einem der vielen Umstiege direkt am Weg. Und Feuerwerke sind in Japan an Sommerabenden meist an Flüssen, veranstaltet von der Stadtregierung und wirklich eindrucksvoll. Macht so ja auch mehr Sinn eigentlich als sich selbst die Ohren abzufrieren und die Finger abzusprengen. Nur waren wir natürlich nicht die einzigen mit der Idee, aber abertausende Leute die von der Polizei und Sicherheitskräften durch abgesperrte Kanäle (also: sechsspurige Straßen) zum Platz geleitet werden sind nur in Japan entspannt. Sogar die ja sonst eher präpotenten Jugendlichen machen hier Späße, die wirklich im Sinn der Sache sind. Und am Ende haben wir alles es ja doch an ein schönes Plätzchen geschafft und hatten ein echt tolles Erlebnis.

Ich mache hier mal eine Zäsur, Teil II kommt morgen. Oder übermorgen. (Ich fange aber schon mal zu schreiben an, damit es wirklich dabei bleibt.)

Japanische Zimmer

Noch ist alles halbwegs friedlich. Wenn ich aus dem Fenster sehe, dann schaukeln die Baumwipfel im Wind. Ja, endlich Wind! Weiter hinten blitzt die Ost-Kobe-Brücke ihre Gegenwart in den Abendhimmel. Links dann die Bucht von Osaka, in der Schiffen ankern. Aber nicht die üblichen drei, sondern eines neben dem anderen: Denn vom Meer zieht ein Taifun heran, der genau bei Kobe auf Land trifft. Noch ist alles friedlich.

Noch zwei Tage Obon-Ferien. Und weil man nicht ins Meer gehen soll, plantschen die Kinder viel in der Badewanne. Eine japanische Badewanne ist ja auch lustig: ein großzügiger Nassraum, Gelegenheit zum Sitzen und Stehen und darin eingelassen eine kleine Badewanne, gerade groß genug für einen Erwachsenen zum Hockerln. Perfekt also für Kinder.

Und die haben sich das heute verdient, denn wir gingen zum nahen Hokura-Schrein und dann weiter den Bergpfad hinauf und immer weiter hinauf bis wir zu einer Aussichtsplattform kamen. Und Leo, der ja sonst so Gehfaule, beschwerte sich nicht mit einem Wort. Er stapfte Stufe um Stufe, freute sich am Gesang der Zikaden und an den von den Ameisen abgeführten Regenwürmern.

Egal wie groß die Stufe, Leo stapfte.

Sonst fahren wir nun immer mit Tigerente herum, das heißt, mit dem gelb-schwarz-gestreiften Trunki. Da sitzt Leo drauf und lässt sich durch die Welt ziehen. Dabei ist so ein Trunki ja eigentlich für spiegelglatte Flughafenböden konzipiert und hat dementsprechend eine Bodenfreiheit von einem Kieselstein. Das bringt Gefahren mit sich, denn auf der Straße gibt es Bodenwellen, Spalten, Kanaldeckel und viele andere Dinge, an denen das Trunki hängenbleiben und in der Folge den Reiter abwerfen kann. Aber wir haben gelernt: die erwachsenen Zieher:innen wie man Gefahren erkennt, meidet und bannt; und Leo der Jungritter wie man mitsteuert und nötigenfalls die Zugtiere vor Gefahren warnt. Wir sind in der ganzen Nachbarschaft eine Attraktion von Traktion.

Vorgestern waren in endlich mal in Osaka. Einfach die Eisenbahn mal in die andere Richtung genommen, wir leben ja ziemlich genau auf einem Drittel des Weges von Kobe zur größeren Hälfte der verschmolzenen Stadt. Wir könnten also eigentlich voll aus Osaka schöpfen als wäre das unsere Stadt, aber das will nicht so ganz in die Köpfe. Und die Grenze existiert wirklich nur in Köpfen und auf Karten.

Wir gingen also nach Osaka, dort in einen Indoor-Spielplatz, der von Hundertwasser gestaltet wurde. So viele Räume, so viele verschränkte Wege und Ebenen und das ganze auf eigentlich kleinem Platz. Ein bisserl wie der Türkenschanzpark, ein Meisterstück von Wegelage mit höchstmöglicher Dichte ohne wie ein Spazierparkplatz zu wirken, voll geplant und trotzdem natürlich oder zumindest menschlich.

Und dann aßen wir dort selbstverständlich auch Takoyaki (die berühmten Teigbällchen mit je einem Tintenfischstückerl in der Mitte) und das selbstverständlich am Dotonbori (dem berühmten Kanal durch Osaka), also ein bisserl Tourismus. Und dabei dachten wir uns, wie laut und schmutzig hier doch alles sei, so wie auch im Zentrum Kobes (Sannomiya) oder in Leicester Square. Und das ist gruselig, weil ich doch eigentlich immer die Städte mochte, also die niemals ruhigen Zentren, die Lichter, die Gerüche, die Klänge. Jetzt aber freue ich mich aus dem Lärm herauszukommen und in mein ruhiges Eck am Hügel Okamotos zurückzukehren. Bin ich alt geworden? Oder ist es, dass es einen Unterschied macht, ob man diese Orte als Tourist:in besucht oder als Bewohner:in? Als erstere:r ist man ja losgelöster. Man muss dort nicht zur Ruhe kommen, man hat ja seinen Ruhepol woanders. Oder ist es irgendwie beides und ganz banal (und am enttäuschendsten): ich habe mich zu sehr an den Schafberg gewöhnt?

Noch ein paar Gedanken zu der Wohnung hier, die wir ja einrichten. Das sind die beiden japanischen Räume im Untergeschoß, die nun vielleicht doch nicht Kinderzimmer 1 und 2 werden. Denn japanische Zimmer haben, im Gegensatz zur westlichen Tradition, keine Bestimmung. Sie werden nach Bedarf genutzt und dementsprechend sind sie grundsätzlich leer. Wenn man schreiben will, holt man sich einen kleinen Tisch, will man schlafen holt man sich eine Matratze, usw. Ich mag das. Das ist nicht nur schön, sondern auch gesünder, so wie wir den Planeten benutzen sollten: Wir finden ihn vor, leben darauf ein bisschen so wie wir es brauchen, und hinterlassen ihn nachher wieder im neutralen Ursprungszustand. Vielleicht schmücken wir ihn mit einem Gedicht an der Wand. Nur dass wir auch einen Raum No. 2 haben, sollte der erste mal belegt sein, zum Beispiel wenn eine:r arbeiten und wer anderer spielen will. Kann ja sein.

In dem verwinkelten Halbregal ist Platz für Ikebana.

Interessant ist auch das Kotatsu, ein von unten gewärmter und mit einer Decke umhangener Tisch. Traditionell ist das die einzige warme Stelle im Haus: In Europa macht man es warm, wo man ist; in Japan ist man, wo es warm ist. Auch das irgendwie gesünder, mag mir vorkommen. Nur dass eine Heizung wirklich das letzte ist, was wir hier brauchen. Aber wir haben ja Klimaanlagen, nämlich derer drei. Aber, brave Japaner:innen die wir sind, kühlen wir nur ein Zimmer (nämlich das Küchenesszimmer) und verbringen hier die meiste Zeit.

Nur spätabends, wenn die Kinder unten schlafen und wir oben arbeiten, da werden dann zwei Zimmer gekühlt. Und damit das jetzt ein Ende hat, verabschiede ich mich für heute.

Piratenpoeten und Hafenkrangiraffen

Man soll ja nicht. Aber wenn es wirklich, echt und ehrlich interessant ist, dann ist es schwierig, es nicht zu tun. Über andere Leute schreiben. Außerdem ist die Information mehr oder weniger öffentlich verfügbar (wenn auch auf Japanisch), also …

Mein Chef ist ein Piratenpoet. Geboren in Südafrika, zog er mit 6 Jahren mit seinen Eltern auf deren Segelschiff und sie lebten vor den Küsten Süd- und Mittelamerikas. Jahrelang! Erst mit etwa 13 Jahren zogen sie nach England, wo er dann in die Schule ging. Und da er nicht nur nicht Piratenenglisch spricht (leider), sondern anschließend auch an den Unis Cambridge und Tokio studierte, scheint das keine akademischen Schwierigkeiten gemacht zu haben. Wir lernen: Eltern, entspannt euch, was die schulische Performance eurer Kinder betrifft! Sie gehen ihren Weg. Und auch Regierungen ist vielleicht Ähnliches nahezulegen.

Ja und jetzt schreibt er am Weg zur Arbeit kleine Gedichte, die er manchmal mit mir teilt. Die ganze Geschichte hat natürlich noch viel mehr Facetten, aber die sollt ihr kennenlernen, wenn ihr herkommt und ihn kennenlernt. Es macht jedenfalls auf vielen Ebenen Freude, mit ihm zu arbeiten.

Heute unternahmen wir einen Ausflug an die Bibliothek der naturwissenschaftlichen Fakultät um dort in einen kostenfrei buchbaren Arbeitsraum über [redigiert] zu sprechen. Solche Kollaborationsräume sind toll! So kann man einen Mini-Retreat machen, aber zu Nullkosten für die Uni. Außerdem bietet es auch für andere Gelegenheiten einen hochwertigen Treff- und Arbeitspunkt.

Darüber hinaus gibt es in dieser Bibliothek auch großzügige offene Arbeitsräume für alle Uniangehörigen, Sofaecken, Studiertische, kleine ausgepolsterte Holzhäuschen, Sitzecken mit fan-tas-ti-schem Ausblick – und auch ein japanisches Studierzimmer, erhöht mit Strohmatten und niedrigen Tischen. Hihi. Also eigentlich eh klar, aber in einem so verwestlichten Umfeld wie einer Uni doch lieb. Und die Leute können mit alledem auch umgehen, es ist sauber, ordentlich und ruhig. (Fotos kommen, wenn ich meinen Computer hier eingerichtet habe.)

Überhaupt, viele Sachen hier sind schön, aber nicht wegen ihrer schönen Erscheinung. Schmuckvoll, stilvoll, elegant … all das sind Beschreibungen die auf japanische Städte weder im Allgemeinen noch in vielen Details zutreffen. Aber die Struktur wird gepflegt und achtsam behandelt, und so wird sie nicht trist, sondern ist Ausdruck der Bedürfnisse der Menschen. Das Menschliche tritt unmittelbarer in Erscheinung. Künstlichkeit ist nicht öffentliche Aufgabe der Überdeckung, sondern privater Ausdruck des Momentanen. (Vielleicht bin ich mit meinem Chef einmal zu oft spazieren gegangen…)

Seit vergangenem Wochenende wohnen wir wirklich in unserer Wohnung. Vieles ist noch nicht hier, aber jeden Tag kommen mehr Dinge an. Und nachdem sich Ikumi um den Kauf der meisten Dinge kümmert, ist für mich jeden Tag Weihnachten. Jetzt haben wir (Auswahl) schönes Geschirr, einen normalen Kühlschrank, einen langsamen Reiskocher, eine Spielzeuggarage und ein Minikrokodil (der “Arigator”) und bald bekommen wir vielleicht auch einen Tisch und müssen nicht mehr am Karton des Mikrowellenbackofens essen.

Bei jedem Kauf gilt es aber die Balance zwischen schön, billig und dringlich abzuwägen. Eine liebe Kollegin in meiner Studienzeit gab mir mal den Tipp: Kaufe als erstes ein Sofa, es macht den Raum zur Wohnung. Und jedesmal schieben wir das Sofa auf die lange Bank (weil wir opfern billig für schön und dringlich ist es nicht) – und jedesmal fragen wir uns, warum wir damit so lange gewartet haben. (Fallbeispiel: In Wien dauerte es 2,5 Jahre, ein halbes Jahr später zogen wir aus.) Na jedenfalls, jetzt warten wir wieder.

Vom Fenster unserer Ess- und Wohnzimmer aus hat man, wie schon bekannt, einen tollen Ausblick auf Stadt und Meer. Dazwischen stehen die orange-weiß gestreiften Hafenkrangiraffen. Und ich schreibe darüber, bin mir dessen bewusst, aber wirklich mit meinen körperlichen Augen rausschauen tue ich kaum. Manchmal tue ich es doch, aus schlechtem Gewissen, um diesem Ausblick doch etwas Daseinsberechtigung zu verleihen. Dann denke ich: “Jetzt habe ich das Stadtansehen erledigt.”

Von allen möglichen Namen der Welt heißt diese Brücke: Ost-Kobe-Brücke

Aber vielleicht wird daraus auch noch eine Tugend. Inspiration durch Limitation. Kreativität durch Repetitivität™. Habe heute gehört: “Wo immer man auf ‘Security through Obscurity‘ vertraut, ist man auf einem Weg, der langfristig nicht haltbar ist.” Muss darüber nachdenken, wie allgemein die Aussage ist und was die Alternative ist.

Zuletzt noch der Newsticker. Leo reitet jetzt am Trunki durch die Stadt. Am Wochenende waren wir beim Schreinfest (Kirtag auf japanisch), mit Taikos (Großtrommeln) und Jazzband, Formel 1-Autos in die man sich setzen kann und Kookaburras die sich auf einen setzen können. Juli und Leo haben sich auf ihre zukünftigen Karrieren geeinigt: Er Zugfahrer (eh klar), sie Zoowärterin (auch klar) und für so etwas ist Japan das Land, da es hier keine doofe Wertungshierarchie zwischen akademischen und nicht-akademischen Berufen gibt. Wir schlafen ganz klassisch auf täglich ein- und auszurollenden Matratzen am Boden. Leo entdeckt mehr und mehr Speisen, die er essen kann. Und Juli erfindet die süßesten und Tiere für den Dakkozushi-Wettbewerb (es geht darum, ein Tier zu erfinden, das ein Sushi umarmt, und die Gewinneinsendung wird zu einem echten Stofftier gemacht).

Es ist ein Kappa und heißt Kappe. Kappas mögen Gurken.

Morgen ist der letzte Arbeitstag vor den Obon-Ferien (Freitag bis inklusive Mittwoch), die Tage des Andenkens an die Ahnen. In dieser Zeit: nicht schwimmen gehen, da man sonst von den Geistern ins Meer gezogen wird.

Mode, Mailadressen und Maxime

Hallo und liebe Grüße aus der Münzwäscherei. Gibt es so etwas in Wien eigentlich? Ein gut beleuchteter Raum mit großer Glaswand nach außen hin, mit einigen Stühlen, Tischen, Musik und Internet. Perfekt zum Teetrinken (gibt’s im Convenience Store ums Eck) und Lesen oder Schreiben. Ich stelle vor: den Münzwäschereiliteraten. … Gibt es Convenience Stores in Wien? Kleine Läden, die zu kaum erhöhten Preisen alles Wichtige verkaufen, was man zum Überleben braucht: Speisen und Getränke sowie Zutaten (Milch, Eier…), Pflegeprodukte (für Große und Kleine, für sie und ihn), manchmal auch ganz einfache Kleidung; sie dienen auch als Orte, an denen man Versicherungen einzahlen, Geld überweisen oder Post abgeben kann. Was braucht man mehr? Es gibt sie an jeder Ecke. Gibt es mehr Convenience Stores oder mehr Schreine in Japan? War eine Frage in meinem Japanischunterricht (damals, in Sapporo). Die Antwort ist: Schreine, dazu zählen aber auch ganz kleine, die wie Materln übers ganze Land verstreut sind und jeweils irgendeiner lokalen Gottheit geweiht sind.

Die meisten Schreine haben kein Fest, gehören nicht zu den ältesten Schreinen im Land, stehen nicht im Zentrum und haben keinen Städten ihren Namen gegeben.

Heute war der zweite Arbeitstag. Ich habe mir für die Arbeit ein Alter Ego zugelegt, es trägt Brille. Wollte immer schon Brille tragen, habe leider keine Fehlsichtigkeit. Es ist also eine reine Modebrille und ich komme mir immer ein bisschen albern vor, hoffe nicht als Hochstapler aufzufallen. Aber dann, was brauchen Leute Hüte, was brauchen sie Makeup? Ich darf mir nur nicht angewöhnen so zu tun, als wäre es eine echte Brille, als bräuchte ich sie wirklich. Und wenn man so was durchzieht, dann muss man es von Anfang an tun, oder zumindest macht es das einfacher, weil wer einen nicht kennt, kann einen nicht verändert finden.

Hüte sind ja leider schrecklich aus der Mode. Auch wenn eine Person wirklich gut aussieht mit Hut, eigentlich, so ist es doch ein albernes Schauspiel. Wie die Imperial State Crown auf dem 3er-Karli. In einer Zeit, in der es keine Modevorschriften gibt (naja … aber keine einheitlichen), warum sich einer von vor 70 Jahren beugen? Was willst du damit sagen, du Hutträger? Was willst du darstellen? Frauen mit Männerhut geht, vielleicht eben weil es nicht dieser althergebrachten Norm folgt. Ebenfalls verdächtig sind beispielsweise Leute mit Sonnenschirmen, obwohl gerade das ja wieder Funktionalität hätte. Zumindest in Europa, denn in Japan sind Sonnenschirme ganz normal, auch wenn es meist eigentlich Regenschirme sind. … Oder macht es genau das wieder in Europa schwierig, weil man dann Japaner:innen mimt? Ach, Normen.

Gestern durfte ich mir meine Emailadresse aussuchen, vorne und hinten. Vorne, eh klar, der Name, hätte aber auch irgendwas sein können, “Gschichtldrucker” zum Beispiel, oder “ds”. Hinten ist interessanter: Vermutlich damit die Emailadressen nicht erratbar sind, gibt es zwischen “@” und “kobe-u.ac.jp” eine aus einer Liste wählbare Subdomain. Zur Wahl stehen: people, person, port, harbor, gold, silver, platinum, garnet, amethyst, aquamarine, diamond, emerald, pearl, ruby, peridot, sapphire, opal, topaz, turquoise, boar, tiger, rabbit, dragon, buffalo, carp, eagle, hawk, lion, swallow, whale, dolphin, panther, shark, bear, panda, penguin, koala, puppy, kitty, pony, ferret, godzilla, pegasus, phoenix. Also insgesamt wäre z.B. dies eine Option gewesen: staring@godzilla.kobe-u.ac.jp

Ich bewundere ja Leute, die sich trauen etwas Nichtangepasstes zu tun und es tun weil es passt. Ich leider bin zu normiert, und so wählte ich eine Adresse, die so langweilig ist: daniel.schenz@people.kobe-u.ac.jp – weil als Mitarbeiter in der Öffentlichkeitsarbeit sollte man ja seriö*gähn*s auftreten. Die “In-Crowd”, so wurde mir scherzhaft gesagt (nachdem ich meine Adresse final und unveränderlich festgelegt hatte) nehme “port”, weil Kobe ja eine Hafenstadt ist. Bin aber nicht überzeugt, denn das ist wieder so eine “Ich”-Botschaft – niemand weiß und niemanden interessiert das. – Bitte in die Kommentare: Was würdet ihr nehmen und warum?

Wer weiß, wie ein Dampfbügeleisen funktioniert? Ich dachte ich wüsste es, ich dachte es hätte (jedenfalls: auch) etwas mit dem Zusammenpressen des Stoffes zwischen Bügeleisen und Bügelbrett zu tun. Kommen die Leute von Panasonic und verkaufen uns ein Dampfbügeleisen, das man einfach, wie so ein Infrarot-Fieberthermometer, im Abstand von 5 Zentimetern oder so an der hängenden Kleidung vorbeizieht. Mit der einen Hand. Mit der anderen streckt man die Kleidung ein bisserl. Und die Vorstellung hielt ich für Magie, aber es klappt super! Nur für ganz arg zerknitterte Sachen muss man dann doch sehr viel (also: in mehrere Richtungen gleichzeitig) strecken und dazu braucht man meist mehr Hände als man Augen im Kopf hat, außer man ist eine Spinne. Zum Glück geht das Bügeleisen auch mit Bügelbrett, dann reichen wieder zwei Hände.

Uh, Japan, wie fortschrittlich. Und dann (mein Chef will mal ein altes Haus am Land kaufen um dort eine Plattform für allerlei Ideen einzurichten) sind die Besitzurkunden für Grundstücke einfache Zettel, die im jeweiligen Rathaus liegen und auf denen nur der Name der Person vermerkt ist und sonst nichts. Und wenn Kobayashi Ayako (die hiesige Version von Sabine Maier, also einem sehr häufigen Namen) stirbt und nicht direkt Verwandtschaft vor Ort ist, kann man nicht nachvollziehen, wem das Haus vererbt werden soll. Also gibt es anscheinend einen riesigen Bestand an nichtzuordenbaren Grundstücken.

Aber Japan ist halt ein evolutives Land. Dinge, die sich bewähren (und insbesondere vor dem Hintergrund der 1. Maxime: der Katastrophenrobustheit), werden nicht einfach verändert, nur weil man könnte. So ist alles, was mit Verwaltung zu tun hat (Familienverhältnisse, Besitzurkunden, Kontodaten…) auf Papier und sehr dezentral. Und wo es wurscht ist (Bügeleisen) wird innoviert.

Was ich erst nicht verstand ist, dass es keine Mülltonnen gibt. Nicht nur, dass es keine Mistkübel für “Handmüll” gibt (man muss seinen Müll halt immer selbst mit nach Hause nehmen, man kann doch nicht erwarten, dass andere das für einen tun – 2. Maxime: gegenseitiger Respekt), es gibt auch keine Mülltonnen für den Hausmüll. Den behält man einfach bis zu dem Tag, an dem Müllsorte X dran ist (z.B.: Mittwoch ist Plastikflaschen, Glasflaschen, Aludosen) im Haus, trägt den Sack dann in der Früh zum designierten Müllablageplatz am Trottoir, von wo die Müllabfuhr ihn dann händisch und Sack für Sack aufsammelt. Wo es Krähen (bzw. sind das hier Raben, riesige Trümmer!) gibt, feiern die natürlich fröhliche Urständ. Weshalb an den designierten Müllablageplätzen wiederum oft mit Blei beschwerte Netze angebracht sind, mit denen man den Müll abdecken soll. Und an dem Punkt angekommen fragt man sich dann: Warum stellt ihr nicht einfach eine Mülltonne auf?

Die vermutliche Antwort: Dann kann man nicht mehr so gut kontrollieren, ob das auch jeweils der richtige Müll ist – 3. Maxime: Es gibt für alles ein System. Weil wenn man beispielsweise einen Papiermüllsack am Flaschenmülltag hinauslegt, oder in dem (nämlich immer transparenten) Flaschenmüllsack etwas drin ist, das keine Flasche oder Dose ist, oder wenn man nicht einen extra von der Stadtverwaltung (im Supermarkt) verkauften Müllsack verwendet (so wird Müllgebühr eingehoben), dann wird der Sack nicht mitgenommen; und bekommt dafür einen Aufkleber auf den Sack, auf dem händisch vermerkt ist, was nicht gepasst hat. So kann die Verursacher:in ihren Müll wieder mitnehmen und fürs nächste Mal etwas lernen.

Am Sonntag waren wir auf “Rokko Island”, der hiesigen Seestadt Aspern: einer im Hafenbecken aufgeschütteten Insel, die mit Wohnblöcken bebaut und mit kulturellen Einrichtungen sowie einer “Water Mall” durchzogen ist. Die Water Mall ist ein flacher Bach der explizit zum Wasserspiel mit allerlei Brunnen und Trittsteinen ausgestattet ist. Wir waren dort zum Wasserspielen. Auch dort ist das Modemuseum (will hin!) und die Deutsche Schule Kobe (will nicht hin: teuer, im Grunde eine englischsprachige Schule mit halt 2 Stunden Deutsch pro Tag, und insgesamt schlecht erreichbar).

Am Montag kamen dann Ikumis Eltern zu Besuch, ihr erster Urlaubstag in man weiß nicht wie vielen Jahren oder Jahrzehnten (sie betreiben ein Café, das nun für diesen Tag geschlossen bleiben musste). Das war schön, und wir fuhren auch mit einer Doppelmayr-Gondelbahn quer über eine Schlucht mit wunderschönen Wasserfällen auf einen der vielen Hügel, auf dem ein riesiger Kräutergarten und ein Kräuterrestaurant ist. Man kann auch durch die Wasserfall-Schlucht hinauf wandern, was ich unbedingt mal machen will.

Der Dienstag war der erste Arbeitstag für mich und der Tag an dem wir unseren Hausschlüssel erhielten. Jetzt müssen wir nur noch zumindest notdürftig einrichten und dann können wir einziehen.

Morgen ist Tag der Schulbesichtigung und übermorgen Kindergartenbesichtigung. Und außerdem ist morgen ein Arbeitstag, weshalb ich jetzt husch ins Bett muss.

Habemus domum

Nachdem die Spannungskurve dieses Eintrags schon mit der Überschrift seinen Höhepunkt erreicht hat, nehme ich mir hier die Freiheit, von anderen Dinge zu reden.

Wir waren heute in einem Spielhaus, was eine schlechte Übersetzung ist, aber “Kleinkind-Jungmensch-Gebäude”, was wörtlich ist, ist schlechter. Die Dinger sind mir schon in Sapporo aufgefallen und wir nutzten sie ab und an, jetzt werden sie aber zu einem essentiellen Werkzeug unserer hiesigen Integration. Es handelt sich um von der Stadt angebotene Kinderzimmer. Ein kleines Haus, das meist eine Kinder-Bibliothek, einen kleinen Turnsaal und immer einen Raum mit einfachen Spielsachen (Blöcken, Puppenhäusern und Puppen, Schienen, Brettspielen usw.) beherbergt. In Sapporo waren wir bei einem, das auch ein Puppentheater dabei hatte. Sie sind täglich geöffnet, gratis nutzbar und die Kinder können dort eben gemeinsam spielen oder auch alleine, wie sie wollen. Es gibt oft auch ein Programm (Theater, Zirkus etc.) an dem man teilnehmen kann aber nicht muss. Darüberhinaus kann man die Kinder ab dem Volksschulalter auch anmelden und dann werden sie auch betreut, wenn man selbst nicht anwesend sein kann weil man beispielsweise arbeiten muss, aber das kostet dann ein bisschen was: zirka 30 Euro pro Monat.

Man kann nicht sagen, dass das Spielzeug gegendert ist. Unsere Erziehung war es sicherlich auch nicht.

Anmeldungen kommen jetzt wirklich ins Rollen: Wir haben einen Glasfaser-Internetvertrag (35 Euro), mein A1-iPhone wird entsperrt, und auch der Postbote hat seinen Weg zu uns gefunden um uns das Familienregister-Dokument zuzustellen.

Mit Leo müssen wir uns was überlegen. Der Junge mag kaum einen Schritt selber tun. Das ist zwar keine neue Entwicklung, jetzt aber habe ich aufgehört ihn zu tragen. Und nun gibt es jeden Tag bei jedem Weg ein Theater. Option 1: Wir müssen da durch. Aber ab August ist Ikumi, zumindest bis Schule und Kindergarten beginnen, allein damit und das ist schon sehr stressig. Option 2: Wir kaufen einen Buggy. Aber dann wird das Kind noch fauler. Option 3: Wir gehen nur noch soweit Leo uns lässt. Das hatten wir die Tage immer mal wieder, ist aber auch frustrierend. Option 4: Wir kaufen ein Fahrrad. Und weil wir das jetzt gerade anschauen … hey, gebrauchte elektrische Fahrräder (Hügel!) kosten um die 400 Euro? Not bad, Ms Woodpecker.

Und schließlich: Gestern erhielten wir die Zusage für die Wohnung. Wusstet ihr schon, weiß ich. Aber wie schön ist das? Wenn wir durch die Straßen Okamotos schlendern, dann mit dem Gefühl “das ist unsere Gegend”. Wir grüßen die Leute auch besonders freundlich, man weiß ja nicht. Wir freuen uns auf laue Sommerabende auf der Terrasse, der Wind am Bauch und ein geheimes Stück Schokolade in der Hand. Und vor allem ändert sich unser Lebensgefühl: Unser Tun hat jetzt eine Richtung. Wir sind nicht mehr auf der Suche, wir sind am Einrichten, mit Gewissheit und Vorfreude.

Statt Unterschriften Siegel: unser Mietvertrag.

Wir sind jetzt angekommen und das Leben hier kann losgehen. Hier ist:

〒658-0003 兵庫県神戸市東灘区本山北町5丁目20ー22

20-22, Motoyama Kitamachi 5-Chome
Higashi-Nada, Kobe
658-0003 Japan

Ein Nachsatz, weil es vielleicht interessant ist: Nicht nur sind die Adressen auf Japanisch “richtig” herum geordnet, nämlich vom Großen zum Kleinen, also dem Weg der Post folgend (sowie übrigens auch das Datum hier immer vom Jahr über das Monat zum Tag angegeben wird). Sie sind auch völlig anders gedacht: es gibt nämlich keine Straßennamen. Hier werden Bezirke (z.B. Higashi-Nada) in Unterbezirke (Motoyama Kitamachi) und die weiter in nummerierte Sprengel (5-Chome) eingeteilt, innerhalb derer dann Blöcke (20) und schließlich darin die Häuser (22) durchnummeriert werden. Das macht es immer interessant, wenn ich in einem amerikanischen/europäischen Formular gezwungen werde, einen Straßennamen und eine Hausnummer anzugeben.

Schwein muss man haben

Wir waren also am Amt – und haben nicht wirklich etwas weiter gebracht, weil ein Dokument fehlte, das wie Geburtsurkunde und Heiratsurkunde zusammen fungiert, also alle familiären Verhältnisse festhält. Dieses Dokument kann aber nur im “registrierten Heimatort” ausgestellt werden, der im Grunde unveränderlich und in unserem Fall Toyama – 4 Stunden mit dem Zug entfernt – ist. Glücklicherweise können das auch Familienmitglieder ausstellen lassen, also gingen Ikumis Eltern brav zum dortigen Amt und schickten uns per Eilpost das besagte Papier.

Sie schickten uns also das Papier – und wir haben es noch nicht wirklich erhalten, weil wir zu dem Zeitpunkt nicht zuhause waren. Kein Problem, die Postbotin hinterlässt ja einen Zettel im Briefkasten, oder? Ja, schon, nur ist der hier eine Postkarte, rückadressiert an das Postamt, mittels derer man bekanntgeben soll, ob man denn grundsätzlich an dieser Adresse anzutreffen sei. Nicht wann oder unter Angabe einer Telefonnummer, nein nein, nur ob. Und das schickt man dann, eh klar, per Post ans Postamt zurück. Woraufhin die Postbotin wohl irgendwann wieder vorbeikommt. … Es wird schon klappen, es gibt für alles ein System.

Einschub: Es gibt nichts, was so sehr „Japan“ schreit, wie ein Automat für Fischgerichte.

In der Zwischenzeit schauten wir uns ein paar weitere Wohnungen an und haben uns dann für die entschieden, die wir schon zu Anfang sahen. Nur haben wir jetzt das gute Gewissen, dass es wirklich die beste der verfügbaren Wohnungen ist. Wobei wir merkten, dass der Preis umgekehrt mit den Höhenmetern korreliert. Und zwar so: Mietwohnungen haben meist keine Garagenplätze – einen solchen braucht man aber, um in Japan überhaupt ein Auto anmelden zu können. Es gibt nämlich kein (gar kein!) öffentliches Parken. Wo also keine Garagenplätze sind, gilt: Je höher gelegen desto schweißtreibender der Aufstieg. Und da haben geübte Schafberger:innen dann einen Startvorteil.

Wir testeten das natürlich vor der Entscheidung aus. Und tatsächlich ist es nicht schlimm. 10 Gehminuten von der Bahnstation, die umgeben ist von lieben Cafés, Bäckereien wie dem “Roggen-Meyer” und natürlich einem soliden Supermarkt, 10 Gehminuten auch durch ruhige Straßen zur Volksschule und zum Kindergarten.

Wir haben uns also für die Wohnung beworben und die Vermieterin sagte schon mal zu. Was kann da noch schiefgehen? Naja … es gibt für alles ein System. Und in diesem Fall heißt das: eine Garantiefirma. So eine wird im Mietprozess immer eingeschaltet und die sind pingelig. Im Antragsformular gab ich Ikumis Telefonnummer als meine an. Ujujui, Fehler! Ich gab auch zum Namen von Ikumis Vater die Telefonnummer von Ikumis Mutter an. Ujujujujui, schwerer Fehler. Die haben uns echt getadelt, dass wir doch bitte die richtigen Telefonnummern nachreichen mögen. Also, solche Sachen können schiefgehen, wenn man in einem Land, in dem es für alles ein System gibt, das System nicht so ganz ernst nimmt.

Nun habe ich zwar eine Telefonnummer, aber noch kein Telefon. Weil mein österreichisches iPhone noch für A1 gesimlockt ist. Und natürlich habe ich den Prozess schon angestoßen, aber das sind halt wieder Wiener:innen, die mich – man möchte auch hier ein System unterstellen – im Kreis schicken. Und so hängt es jetzt von A1 in Wien ab, wann (und ob?) wir in Kobe zu unserer Wohnung kommen. … Was soll schon schiefgehen?

Was geschah noch?

Eine Bergfahrt auf die Hügel hinter Kobe, mit Seilbahn und Gondelbahn; ein Besuch auf einem Schauhof mit Kühen und Schafen, wo ich zum ersten Mal eine wirklich liebe Kuh sah, ein Kälbchen zwar, aber wirklich lieb, und vermutlich auch sehr lecker; ein Besuch im Haus des Meeres, wo sie versuchen alles ein bisschen mit Kunstinstallationen spannender zu machen, was teilweise gelingt (die Aquarien als Planeten oder der Koi-Teich mit Lichtinstallation), teilweise nur deshalb funktioniert, weil die Tiere halt an sich interessant sind (so die im Museum frei herum “laufenden” Riesenschildkröten samt diese immer begleitenden Bewacher:innen); ein Hallo bei meinen zukünftigen Arbeitskolleg:innen mit Führung über den riesigen und verwirrend angelegten Campus; und Wildschweine: in offenen Kanälen, auf Seilbahnschienen und sogar als Unimaskottchen sind sie in der Stadt allgegenwärtig.

Eine Episode noch. Als unsere Umzugssachen aus Sapporo in Wien ankamen, waren in den Kisten auch ein paar getrocknete Blätter, die der Wind durch die Wohnung (in Sapporo) in die Kisten geweht hatte und die wir uns als physisches Andenken an die Zeit aufhoben. Wir hatten sie in einem gläsernen Bilderrahmen, der nun auch wieder nach Kobe mitmusste. Wir stellten ihn im Hotelzimmer auf und bemerkten, dass Glas und Blätter zwar noch völlig intakt waren, der dünne Metallrahmen aber an einer Stelle gebrochen war. Nicht so schlimm. Beim Umzug ins Dreiwochenapartment (ach so, ja: nicht das, das wir gebucht hatten, das ist immer noch kaputt, sondern in ein anderes, größeres und besser gelegenes, wo wir jetzt auch bleiben können) vergaßen wir den Rahmen aber im Hotelzimmer. Auch nicht so schlimm, wir bemerkten es rasch, gingen zum Hotel und bekamen es auch wieder – mit stillschweigend gelötetem Rahmen! Auch wenn ich nur vermuten kann, dass die Putzleute befürchteten, sie hätten den Rahmen beim Einsammeln gebrochen, wo gibt es denn so etwas?

Aber das ist Japan. Nach 5 Tagen speziell in Kobe meine ich, hier ist man nicht so warmherzig wie in Sapporo. Die Leute sind pingeliger und vielleicht einen Tick desinteressierter. Dafür ist die Stadt urbaner und hat offensichtlich mehr (zumindest: Offensichtliches) zu bieten, von den Nachbarstädten Osaka und Kyoto nicht zu sprechen. Jetzt freue ich mich aber auf nächste Woche, wo ab Dienstag mein Touristenleben aufhört und das Arbeitsleben anfängt.

Be Kobe

Und ich dachte, ich hätte kein Jetlag. Jetzt sitze ich um Mitternacht im Bett und fange an, einen Reiseblog zu schreiben. So sei es.

Wir leben also jetzt in Kobe. Erster Eindruck: heiß. Ernsthaft, täglich 31°C bei hoher Luftfeuchtigkeit ist kein Bemmerl. Die Folge daraus: überall Klimaanlagen. Die Folge daraus: Man weiß nicht, ob man sich warm oder kalt anziehen soll. Noch eine Folge: Die atmosphärische Atemnot hat einen Kipppunkt getriggert, dass das anscheinend noch im Juni übliche, flächendeckende, generelle, auf gegenseitigem Respekt begründete Maskentragen nun plötzlich aufgehört hat.

Das Wetter in Kobe macht jede Wettervorhersager:in arbeitslos.

So erklärt das mein künftiger Chef, den ich heute treffen durfte. Neisser Typ, also gute Aussichten für die Arbeit ab August.

Apropos Aussichten: Auch eine erste Wohnung besichtigten wir heute, im etwas abseits gelegenen Okamoto. Ein geräumiges, etwas in die Jahre gekommenes Haus mit zwei Etagen, gerade richtig vielen Zimmern und einer großen Terrasse mit herrlichem Panorama- und Meerblick. Eine angesehene Volksschule in weniger als 10 Gehminuten Entfernung, viel Grün, Ruhe und – ganz wichtig für eine bestimmte Klientel – ein Bahnübergang mit Schranken. Eigentlich steht einer Miete nur noch im Weg, dass wir halt noch keine anderen Wohnungen gesehen haben.

Außerdem noch am ersten Tag: Eine japanische SIM-Karte (aber ein doch noch SIM-gesperrtes österreichisches Telefon…), eine gemütliche Hafenpromenade mit vielen tutenden Booten, einem Riesenrad, einem glücklicherweise-weil-es-mich-nervte-dass-absolut-jedes-Bild-der-Stadt-in-der-Bildersuche-immer-nur-dies-zeigte-und-ich-es-nicht-wahrhaben-wollte-dass-die-Stadt-nichts-anderes-zu-bieten-hat-was-ja-auch-tatsächlich-so-ist eingerüsteten Wahrzeichen-Turm und einem Museum das sowohl das Haus des Meeres (blubb) als auch die Geschichte der Firma Kawasaki (brumm) beherbergt, sowie der Besuch im angeblich ältesten (first-and-finest) Kaffeehaus Japans, gelegen in einer typischen überdachten Fußgängerzone, voller lieber Geschäfte wo wir bitte unbedingt wieder hinkommen müssen um Geschirr, Kleider und Kuscheltiere zu kaufen.

Ach so, und der Wahlspruch der Stadt ist anscheinend “Be Kobe”. Zumindest sagt das eine riesige Steinskulptur aus diesen Buchstaben am Hafen. Interessant, weil keine Ich- sondern eine Du-Botschaft. Wirkt. Und so bildet sich vor der Skulptur eine Schlange aus Leuten, die sich mit dem Schriftzug abbilden lassen wollen – was noch nicht heißt, dass die das alle toll finden; denn ich vermute, die Leute stehen einfach darauf, auf übergroßen Schriftzügen mit dem Stadtnamen zu stehen, und man könnte in Wahrheit alles Mögliche da hinschreiben und die Leute würden sich trotzdem damit fotografieren. Bitte um Vorschläge in den Kommentaren.

Am Hafen von Kobe.

Und gestern fuhren wir mit einem Flughafenbus quer durch das die gesamte Bucht säumende Hafengebiet und was sahen meine müden Augen inmitten hundert Wasser in der Abendsonne glänzen? Eine Klärschlammanlage!

Aussicht auf morgen: Umzug in unser 3-Wochen-Apartment (ach so, ja: Bei Ankunft Nachricht vom Vermieter: kein Warmwasser, aber er stellt uns bis die Reparatur erfolgt ist ein Hotelzimmer im Stadtzentrum zur Verfügung. Japanisches Kundenservice. Passt uns gut, da wir uns somit nicht gleich nach der Ankunft um essentielle Pflegeprodukte kümmern müssen.) und dann Meldung im Bezirksamt.